Auf meiner Recherchetour rund um eine wertschätzende Unternehmenskultur bin ich Marcus König begegnet. Marcus König ist Strategie- und Umsetzungsbegleiter, Coach und Partner für Unternehmer und setzt dabei auf zufriedene, motivierte und engagierte Menschen. Seine These: „Die gelebte Kultur eines Unternehmens ist die Summe der Wertvorstellungen, Umgangsformen und Haltungen der dort beschäftigten Menschen. Dadurch ist Kultur nur schwer veränderbar.“
Lieber Herr König, was ist für Sie Unternehmenskultur und was ist für Sie eine gute Kultur?
Marcus König: „Ich fange mal mit der ersten Frage an. Unternehmenskultur ist für mich etwas Gewachsenes. Es ist die Summe aller in einem Unternehmen gelebten Wertevorstellungen und Handlungen. Sie zeigt sich in manchmal bewussten, manchmal unbewussten Regeln, was man tut und was man besser bleiben lässt.
In einer guten Unternehmenskultur fühlen sich dabei alle Beteiligten wohl. Das schließt Kunden, Lieferanten, aber selbstverständlich auch die Beschäftigten mit ein. In einer guten Unternehmenskultur ist ein faires Miteinander möglich.
Es ist in der Geschäftswelt klar, dass alle Beteiligten Geld verdienen wollen. Wenn darüber hinaus die Geschäftsbeziehung partnerschaftlich und fair ist und Lust auf mehr Geschäft macht, dann ist so eine Unternehmenskultur in meinen Augen sehr positiv.
Vielleicht noch ein Hinweis: Unternehmenskultur sollte sich nach meiner Auffassung vom Zeitgeist freimachen. Zum Beispiel gibt es Unternehmen, in denen Familie und Tradition eine wichtige Rolle spielen, dann sollte man dazu stehen und nicht den Werten von Startup-Unternehmen nacheifern. Wenn das Unternehmen auf die schnelle Entwicklung neuer Produkte setzt, schnell auf Märkte reagiert, dann ist es unter Umständen schwer, eine Kultur der Nachhaltigkeit zu implementieren.
Jedes Unternehmen sollte zu seiner Kultur stehen. Ich empfehle immer die bestehende Kultur sichtbar zu machen und zu akzeptieren.“
D.h. Sie würden eine bestehende Kultur nicht aktiv ändern wollen? Nehmen wir ein Beispiel: Harmoniekultur. Angenommen Harmonie ist so wichtig, dass kein Mitarbeiter Probleme anspricht, weil das ja die Harmonie stören würde.
Marcus König: „Wenn man versucht, die Harmoniekultur zu ändern, würde man gegen die DNA dieser Menschen agieren. Alle Beteiligten haben gemeinsam die Unternehmenskultur Harmonie geprägt. Das bedeutet, dass jeder einzelne harmoniebedürftig ist.
Bestimmte Entwicklungen eines Geschäfts, eines Trends oder einer Marktentwicklung zu verschlafen oder nicht zu erkennen und nicht klar und deutlich anzusprechen, kann zum Konflikt führen. Man kann aber durchaus lernen, Probleme anzusprechen ohne dabei die Harmonie zu gefährden.
Ich mache mal ein Beispiel. Jemand beginnt einen Satz mit „Das läuft schlecht…“ dann widerspricht das dem Stil und der Kultur dieses Unternehmens. Wenn derjenige aber das Problem benennt und sagt: „Ich habe den Eindruck, dass sich der Markt in diese oder jene Richtung entwickelt und ich habe Sorge, dass wenn wir nicht darauf reagieren, unsere Kunden dann dieses oder jenes bevorzugen. Wie seht ihr das?“ Damit habe ich angefangen etwas zu thematisieren, aber in einer völlig harmoniegeschwängerten Luft. Wenn alle anderen dann sagen: „Ach nö, das passt doch gerade.“, dann muss ich trotzdem weitermachen. Es kommt nur darauf an, wie ich es formuliere.“
Für Sie wäre dann die Vorgehensweise. Erst einmal die Kultur zu erkennen und dann ein gezieltes Training anzubieten, das zu dieser Kultur passt. Also in diesem Beispiel z.B. ein Training in Gewaltfreier Kommunikation.
Marcus König: „Genau. Ich glaube, wenn Sie die Kultur ändern, dann fühlen sich viele dort nicht mehr wohl. Die Beteiligten merken: „Oh Mensch, hier verändert sich etwas. und das ist nicht mehr mein Unternehmen, in das ich vor x Jahren eingestiegen ist. Ich bin ja ganz bewusst dortgeblieben, weil mir diese Firmenkultur zusagt.“
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Was macht man mit einer Angstkultur?
Marcus König: „Diese Kultur ist leider noch weit verbreitet. Das geht auch oft auf den Gründer oder den Geschäftsführer zurück. Eine Angstkultur zu ändern ist nahezu aussichtslos. Das klappt nur, wenn die Angst auslösende Person selbst erkennt, dass Handlungsbedarf ist. Also der Geschäftsführer müsste bei sich sehen: „Ich muss mich ändern.“ Ansonsten kann man den Mitarbeitern tatsächlich nur raten, das Unternehmen zu verlassen.
Und selbst wenn derjenige einsichtig ist, bleibt es ein schwieriges Unterfangen.
Warum sage ich das so bewusst? Meist fallen wir in Extremsituationen wieder in alte Verhaltensmuster zurück. Dazu neigen alle Menschen. Insbesondere in Stresssituationen kommen wieder tief verwurzelte Muster zum Vorschein. Und das gilt nicht nur für die Angstkultur. Das ist bei jedem Muster, bei jedem Verhalten. Deshalb ist ja es so schwierig, eine Kultur zu ändern.“
D.h. ein neuer Mitarbeiter oder eine neue Führungskraft hat die Herausforderung, möglichst schnell zu erkennen: Ist das eine Kultur, mit der ich kann, die ich will. Wenn ich sie nicht will, Finger weg. Was machen Unternehmen dann mit dem Generationenwechsel?
Marcus König: „Ja, da gibt große Veränderungen. Man spricht sie immer der Generation Y zu. Es ist aber nicht nur diese Generation oder nachfolgende. Es sind auch viele in meinem Alter, die sagen: Warum soll ich mich 40 Jahre lange quälen, um dann noch einen ganz kleinen Teil Rest meines Lebens zu genießen. Das kann doch nicht sein. Und genau das verändert sich im Moment sehr stark. Das bekommen viele Unternehmen zu spüren.
Plötzlich lernen auch Firmeninhaber, mit Firmenkulturen, die etwas fragwürdiger sind, dass ihnen die Leute tatsächlich gehen. Da gehen durchaus auch Leute, die schon länger im Unternehmen sind und Leistungsträger. Dadurch entsteht gerade Druck sich zu verändern. Also wenn ich plötzlich Positionen nicht mehr besetzt bekomme, dann entsteht Druck.
Und dann bekommt ein Unternehmer zumindest mal die Chance darüber nachzudenken. Warum kommen die Leute nicht zu mir. Alle anderen um mich herum bekommen Nachwuchs, bekommen Lehrlinge und bei mir hauen alle schon im ersten Lehrjahr ab, weil sie es nicht mehr aushalten. Woran liegt das denn? Viele schieben das auf die Bewerber, auf die jungen Leute, aber immer mehr erkennen auch, dass es am Unternehmen liegt.“
Also ist es heute schon so, dass die Unternehmen zu spüren bekommen, wenn sie bei den Arbeitnehmern nicht mehr positiv bewertet werden.
Marcus König: „Die sogenannten Digital Natives, die mit dem Internet groß geworden sind, schauen tatsächlich bei Kununu nach, wie das Unternehmen bewertet ist. Das glauben viele – vor allem kleine und mittelständische – Unternehmen noch nicht. Das ist aber so. Wenn dort überwiegend negative Bewertungen sind, wird die Bewerbung gar nicht abgeschickt.
Diese Veränderungen werden das spannende Thema der nächsten Jahre sein. Und die Kultur wird sich verändern. Aber es dauert wirklich lange. Schauen sie nur mal, wie viele heute noch in DM umrechnen! Veränderungen brauchen Zeit und die Veränderungen in Unternehmen brauchen wahrscheinlich auch einen Generationenwechsel.“
Vielen Dank, lieber Herr König.
Marcus König begleitet als facettenreicher Berater und Coach Unternehmen in Veränderungsprozessen. Mehr als 25 Jahre Erfahrung in verschiedenen Managementpositionen an unterschiedlichen Standorten, in verschiedenen Ländern mit wechselnden Aufgaben und Verantwortungen hat vor allem seinen Umgang mit Menschen geprägt. Aus diesem Grund betrachtet er Prozesse immer an der Schnittstelle Mensch/Business, d.h. der Mensch wird in den Mittelpunkt des geschäftlichen Handelns gerückt. Seine Überzeugung: „Die besten Prozesse und Produkte funktionieren am besten mit zufriedenen, motivierten und engagierten Menschen.“
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