Auf meiner Recherchetour rund um eine wertschätzende Unternehmenskultur bin ich Christoph Adamczyk begegnet. Christoph Adamczyk ist Geschäftsführer und Leiter des Bereichs Customer Relationship Management (CRM) bei der itdesign GmbH. Das Unternehmen hat im Bereich Projekt- und Portfoliomanagement (PPM) Führungskräfte abgeschafft und Holacracy eingeführt, ein Managementansatz zur Selbstorganisation. Christoph Adamczyk hat die Einführung begleitet und Elemente daraus in seinen Bereich, der mit Führungskräften arbeitet, übernommen. Das hat mich neugierig gemacht.
Lieber Herr Adamczyk, Sie haben vor einem Jahr in einem Teilbereich von itdesign Holacracy eingeführt. Das ist ein Organisationskonzept, das ohne Führungskräfte arbeitet. Wie sind Sie darauf gekommen? Was war der Auslöser?
Christoph Adamczyk: „Der Auslöser war, dass wir wachsen wollen. Wir wollten eine Struktur schaffen, die doppelt so groß werden kann. Unsere Ausgangssituation war: zwei geschäftsführende Gesellschafter, darunter ein Führungsteam mit Abteilungsleitern. Einige Abteilungen waren schon sehr groß. Es musste eine Veränderung geben, deshalb haben wir uns die Frage gestellt: Wie entwickeln wir das Unternehmen weiter?
Im CRM Bereich waren wir uns relativ schnell einig. Die organisatorische Umorganisation lag auf der Hand und wurde von allen getragen. Zudem gab es Personen, die wollten Verantwortung in Form einer Führungsrolle übernehmen. Die neue Struktur war schnell klar. Wir haben zwei Abteilungen zusammengefasst und neu aufgeteilt. Und das funktioniert sehr gut.
Im PPM Bereich dagegen waren wir uns nicht sicher und nicht einig. Hier haben wir sehr entwicklungsintensive Projekte, somit setzen sich die Projekte zu 50 % aus Beratung und 50 % Entwicklung zusammen. Erst einmal stand zur Diskussion, Teams für jeden Kunden einzuführen. Aber wer sollte dabei die Führung übernehmen? Die Entwickler oder die Berater? Kann ein Berater einen Entwickler führen? Oder ein Entwickler einen Berater? Es gab viele Argumente für die eine oder die andere Variante. Und einig waren wir uns eher über unsere Uneinigkeit.“
Wer war an der Diskussion beteiligt?
Christoph Adamczyk: „In dieser Phase waren die Führungskräfte des Bereichs PPM beteiligt. Ich war selbst auch mit dabei und habe seiner Zeit die Beratung im PPM geleitet. Über die Weihnachtszeit 2015 hatten wir auf Anregung von unserem Gründer Herrn Dr. Leute das Buch: „Holacracy“ von Brian Robertson gelesen. Das gab den ersten Impuls. Zunächst war es nur ein Gedankenexperiment, bei dem wir prüften, ob es zu itdesign passen und unsere Probleme lösen könnte. Das gedankliche Experiment hat uns gut gefallen. Da es spannend klang, haben wir uns intensiver damit beschäftigt.
Wir haben diese Gedankenspiele sehr offen und sehr transparent kommuniziert. Alle wussten, dass es bei CRM bereits eine neue Organisation gegeben hatte und nun saßen die Führungskräfte von PPM zusammen. Es war klar, dass auch hier eine Veränderung kommen würde.
Um noch tiefer einzusteigen, haben wir uns Experten gesucht. Das war das Beratungsunternehmen Dwarfs and Giants. In einem zweitägigen Workshop mit deren Beratern haben wir nicht nur gelernt, was Holacracy ist, wir haben es erlebt.
So haben wir zum Beispiel ein Tactical Meeting mit unseren aktuellen Themen durchgespielt. Ein Tactical ist in Holacracy ein wöchentliches Meeting mit einem klar definierten Ablauf. Es dient der gegenseitigen Information, Koordination und Lösung von Spannungen (Problemen).
Wir haben in diesem Meeting ganz schnell zehn aktuelle Themen behandelt und sofort die richtigen Lösungsansätze gefunden. Das waren Themen, bei denen wir früher oft angefangen haben, lange zu diskutieren. In diesem Tactical Meeting haben wir zehn Themen in einer Stunde gelöst. Das hat uns allen die Augen geöffnet. Wir waren beeindruckt.
Mitgemacht haben die Führungskräfte des Bereichs sowie Mitarbeiter, die interessiert waren und gerne Verantwortung übernehmen wollten. Nach dem Workshop haben wir abgestimmt. Was ist unsere Empfehlung? Machen wir’s oder machen wir’s nicht? Es ging 8:0 aus. Alle waren sich einig, vier Führungskräfte und vier Mitarbeiter.
Dann haben wir allen Mitarbeitern im Bereich PPM von dem Workshop und unserer Empfehlung berichtet. Es gab viele Diskussionen und sehr viele Gespräche. Es war aber klar: Wenn acht Personen in der gemischten Form mit Führungskräften und Mitarbeitern sagen, dass es gut ist und sie das machen wollen, dann lass es uns probieren. Wir haben ja nichts zu verlieren.“
Nun ja, manchmal verliert man Mitarbeiter. Haben Sie Mitarbeiter durch die Einführung verloren?
Christoph Adamczyk: „Nein, alle Mitarbeiter haben mitgezogen. Das ist aber durchaus ein echtes Risiko. Das haben die Berater auch klar gesagt. Sie haben auch die Frage aufgeworfen, was macht man mit Mitarbeitern, die keine Verantwortung übernehmen wollen. Die Berater haben dazu eine klare Position: Das sind die falschen Mitarbeiter. Ich persönlich glaube das nicht. Es ist nicht so schwarz und weiß. Es gibt Menschen, die eine starke Meinung haben, die gute Arbeit machen, aber eben nicht die Vorreiter sind. Wir haben ein breites Spektrum vom Vertrieb, über Berater bis hin zu Entwicklern, die alle einen fantastischen Job machen. Nicht jeder will die Organisation gestalten. Manche wollen einfach ihr gestecktes Arbeitsumfeld gestalten. Und das ist genau so wichtig und macht das Unternehmen am Schluss erfolgreich.“
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Wie lief dann die Einführung?
Christoph Adamczyk: „Das ging sehr schnell. Der Workshop war im April und im Juli haben wir mit Holacracy angefangen.
Wir hatten zwei Tage Einführung mit dem Beratungsunternehmen. In diesen zwei Tagen wurden die Initialkreise gestaltet. Das Schöne ist, dass es keiner Vorbereitung bedarf. Man kann sehr schnell starten. Man startet mit dem, was da ist und verändert anschließend kontinuierlich die Organisation.
Die „neue“ Art der Zusammenarbeit ist uns leicht gefallen. Wir pflegen im ganzen Unternehmen einen sehr kooperativen Führungsstil. Es war schon immer üblich, dass jeder seine Ideen einbringt und wir gemeinsam nach Lösungen suchen. Daher kamen wir nicht vom anderen Extrem einer strengen Linienorganisation. Die strukturierte Vorgehensweise von Holacracy kommt uns sehr entgegen.
Etwas Übung erfordert es, aus den Rollen heraus zu argumentieren und die Meetings mit ihrem klar definierten Ablauf zu steuern. Aber auch daran haben wir uns schnell gewöhnt. Letztendlich ist auch das ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.“
Was ist das Besondere an Holacracy?
Christoph Adamczyk: „Bei Holacracy ist die Idee tatsächlich: Es zählt erst einmal was besteht. Und überall, wo es ein Problem gibt, gibt es eine sogenannte Spannung. Die Spannungen sind das zentrale Steuerungselement bei Holacracy. Jeder, der ein Problem hat, hat in den dazu vorgesehenen Meetings die Möglichkeit, dieses als Spannung einzubringen und einen Vorschlag zu machen. Und der Vorschlag wird dann ganz systematisch bearbeitet.
Dafür gibt es zwei Arten von Meetings: das Tactical und das Governance Meeting. Im Tactical werden die operativen Spannungen bearbeitet und im Governance Meeting arbeitet man an der Organisation. Hier werden Kreise, Rollen und Ziele für die jeweiligen Rollen definiert. Die klare Definition der Rollen in Verbindung mit Zielen ist eine besondere Stärke von Holacracy.
Eine wichtige Rolle in den Meetings nimmt der Facilitator ein, das ist der Moderator. Er muss ganz klar nach einem festen Ablauf steuern. Mit einem guten Facilitator ist es möglich, viele Themen in kürzester Zeit zu klären.
Die Tactical Meetings finden einmal pro Woche statt. Nach der Einführung gibt es meist auch wöchentliche Governance Meetings, bis sich alle in diese Arbeitsweise eingefunden und eine stabile Struktur definiert wurde. Diese Meetings werden im Laufe der Zeit weniger. Wir sind jetzt bei einmal pro Monat.“
Sie sind verantwortlich für den Bereich CRM. Dort haben Sie Führungskräfte. Was haben Sie in Ihre Organisation aus Holacracy übernommen?
Christoph Adamczyk: „Wir machen im CRM immer montags ein operatives Treffen mit den Führungskräften. Das entspricht vom Ablauf einem Tactical. Wir machen eine Check-in-Runde, kommunizieren Kennzahlen, informieren in kurzen Berichten über ein Thema und berichten über den Stand einer Akquise. Wo gibt es Probleme im Projekt? Haben wir neue Kunden gewonnen? Und dann kommt eine Runde mit Spannungen. Das ist dann z.B. so: Aus meiner Rolle als Verantwortlicher für den Bereich Service und Support brauche ich vom Vertrieb dieses oder jenes. Und das wird dann strukturiert bearbeitet.
Wir sind immer sehr konsequent, daher schaffen wir es in einer halben Stunde. Das Format haben wir 1:1 aus dem Tactical übernommen. Der Unterschied ist, dass eben die Führungskräfte im Meeting sitzen und nicht die Kreismitglieder.
Was wir noch übernommen haben, ist die klare Definition der Rollen. Das ist wirklich gut. Das macht man in einer klassischen Organisation auch, aber bei Holacracy definiert man eine Rolle mit einem Ziel. Das schafft viel Klarheit.
Da ich die Einführung von Holacracy intensiv begleitet habe, war es für mich leicht, diese Elemente in meinen Bereich zu übernehmen. Man muss die Methode sehr gut kennen, um sie so gut nutzen zu können, daher ist die Unterstützung einer Holacracy-Einführung oder nur von Teilen davon durch einen Experten unbedingt erforderlich.“
Ich freue mich schon, jetzt gleich im Anschluss an dieses Gespräch ein Governance Meeting erleben zu können. Erst einmal vielen Dank, lieber Herr Adamczyk.
Nachdem er bereits einige Jahre Erfahrungen in verschiedenen Software-Unternehmen gesammelt hatte, kam Christoph Adamczyk 2000 zur itdesign GmbH, wo er zunächst das Partner-Vertriebsnetz für die Eigenentwicklungen der itdesign GmbH ausbaute. Danach spezialisierte der Diplom-Kaufmann sich auf die Beratung und das Projektmanagement in zahlreichen CRM- und Individualprojekten. Heute ist er Geschäftsführer und leitet den Unternehmensbereiches CRM.
Gegründet 1999, gehört die itdesign GmbH zu den renommiertesten Partnern von Konzernen und mittelständischen Unternehmen bei der Umsetzung ihrer individuellen Vision einer kundenzentrierten Unternehmensstrategie. Mit seinen Geschäftsbereichen „Customer Relationship Management“ (CRM), „Project Portfolio Management“ (PPM) und der cloudbasierten PPM-Lösung „Meisterplan“ ist itdesign mitverantwortlich für den Erfolg von Unternehmen wie T-Systems, Vodafone und Walter Knoll.
Langfristige Partnerschaften mit der CAS Software AG im Bereich CRM und der CA im Bereich PPM bilden dabei das Rückgrat des seit 18 Jahren kontinuierlich gewachsenen Unternehmens. Mehr als 120 Mitarbeiter weltweit sorgen für eine wertbasierte Implementierung der CRM- und PPM-Lösungen. Exklusives Methodenwissen und vorkonfigurierte Lösungen sind das Fundament für schnelle Projekterfolge bei den überwiegend mittelständisch geprägten Kunden. Im Bereich CRM und PPM sorgen darüber hinaus durch itdesign entwickelte Add-ons für Produktivitätsschübe und eine bessere Nutzbarkeit der Standardlösungen von CAS und CA.
Mit Meisterplan hat itdesign in den letzten Jahren eine der erfolgreichsten cloudbasierten PPM-Lösungen weltweit entwickelt. Nur wenige Monate nach dem offiziellen Start der SaaS-Lösung für die effektive Verwaltung umfangreicher Projektportfolios und das Ressourcenmanagement vertrauen bereits eine Reihe internationaler Top-Konzerne auf Meisterplan.
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