Auf meiner Recherchetour rund um wertschätzende Unternehmenskultur bin ich Ingrid Hofmann begegnet. Ingrid Hofmann ist Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der I. K. Hofmann GmbH – auch Hofmann Personal genannt. Ein Zeitarbeitsunternehmen, das heute zu den fünf größten Personaldienstleistern Deutschlands gehört. In ihrem Unternehmen gibt es einige Führungskräfte, die in Teilzeit arbeiten. Wie es dazu kam, hat sie mir in diesem Interview erzählt.
Liebe Frau Hofmann, Sie haben in einem Vortrag erwähnt, dass Sie Führungskräfte haben, die in Teilzeit arbeiten. Das war nicht immer so. Wie ist es dazu gekommen?
Ingrid Hofmann: „Dadurch, dass ich aus dem Personalwesen komme, hatte ich früher einen eher Männer-typischen Auswahlprozess. Das heißt, ich habe Frauen bei Bewerbungsgesprächen gefragt: „Wie gewährleisten sie, dass sie ihre Kinder unterbringen?“ Damals durfte man das noch. So war ich früher geprägt. Meine Vorstellung war: Niederlassungsleitungen oder -verantwortungen kannst du nur in einem 40-Stunden-Job machen bis mich eine Mitarbeiterin einmal angesprochen hat. Das ist schon ganz lange her. Sie hat es nicht einmal auf mich gemünzt. Sie fragte: ‚Wie kommt das eigentlich, dass man es einem Mann zutraut, 5 Niederlassungen zu führen? Er kann ja im Durchschnitt auch nur einen Tag in einer Niederlassung sein. Wieso kann dann eine Frau mit einem Tag in der Woche nicht eine Niederlassung führen?‘ Da habe ich mir gedacht: ‚wo sie recht hat, hat sie recht!‘ Also, wenn man die Arbeit entsprechend verändert, ist es möglich.
Was nicht geht, ist die Verantwortung wegzunehmen. Wenn ich die Verantwortung für eine Niederlassung habe, dann habe ich sie, egal ob ich einen Tag in der Niederlassung arbeite oder 5 Tage. Ich kann mir gute Mitarbeiter entwickeln, die mich unterstützen, aber ich habe trotzdem die Verantwortung.
In Bayreuth habe ich eine Mitarbeiterin, die arbeitet tatsächlich nur einen Tag. Sie hat jetzt ihr zweites Kind bekommen. Sie hat es schon beim ersten Kind ganz wunderbar geschafft und jetzt wieder. Natürlich hat man es in der Übergangsphase gemerkt. Da hat sich schon mal ein Kunde vernachlässigt gefühlt, bis es sich eingespielt hat. Das muss man schon sehr realistisch sehen und auch darüber sprechen. Wir haben darüber gesprochen und gemeinsam überlegt, wie sie den Kontakt zum Kunden halten kann und wie sie ihre interne Mannschaft fit macht. Also es ist nicht ganz so einfach, aber lösbar.“
Jetzt frage ich mich natürlich, was machen die Männer, die 5 Niederlassungen leiten?
Ingrid Hofmann: „Die können sich Unterstützung von ihren vier anderen Niederlassungen holen. Man sagt eher, wenn jemand 5 Niederlassungen hat, dass eine immer schwächelt. Das ist ein ganz anderes Selbstverständnis. Wenn ich nur eine Niederlassung habe, will ich schon wissen: ‚Mensch, wie kriege ich das hin?‘ Sie schafft es!“
Arbeitet diese Frau dann wirklich nur an diesem einen Tag im Büro oder ist sie dazwischen auch mal per Telefon erreichbar?
Ingrid Hofmann: „Genau darüber habe ich mich auch mit ihr unterhalten. Sie hat ihrem Regionalleiter und allen Kollegen gesagt, wenn irgendetwas ist, kann man sie erreichen. Wenn es gerade nicht geht, dann sagt sie es und wenn es geht, dann ist es o.k. Das scheint da ziemlich unkompliziert zu sein. Es wird aber insbesondere vom Regionalleiter nicht in Anspruch genommen.
In Erlangen habe ich auch eine Niederlassungsleiterin, die Mutter ist, und die macht das auch ganz toll. Das ist eine Niederlassung, die sich super gut entwickelt. Da sind bis auf einen Mann nur Frauen in der Niederlassung, die sich gut ergänzen und unterstützen. Also, das haben wir schon an verschiedenen Stellen.“
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Wie viele Führungskräfte, das können ja Frauen und Männer sein, in Teilzeit haben Sie im Unternehmen?
Ingrid Hofmann: „Im Moment haben wir 15 Führungskräfte in Teilzeit und ja, es sind Männer und Frauen. In vielen Fällen ist das zeitlich begrenzt. Ich habe manche Verträge schon zehnmal geändert, immer dann, wenn sich die Familiensituation geändert hat.
Wir versuchen diese Individualität zu leben, indem wir best-practice Beispiele nennen. Jede Situation ist anders und wir müssen dazu individuelle Lösungen finden. Das gilt nicht nur für Elternzeit. Immer häufiger haben wir auch das Thema der Pflege. Wir haben ganz oft Stundenreduzierungen von Führungskräften, weil sie zuhause entweder pflegen oder überhaupt einmal die Situation in den Griff bekommen wollen.
Pflege ist anders als Elternzeit, da wird die Situation immer schlechter und belastender und das kann Langzeit sein. Die Pflege von engen Angehörigen, von Eltern raubt Kraft und ist psychisch für sehr viele sehr schwer zu verkraften. Wir hatten eine Führungskraft, die sowohl ihre eigenen Eltern als auch ihre Schwiegereltern pflegt. Sie hat zunächst reduziert und letztendlich ihre Führungsaufgabe ganz abgegeben hat. Das ist doch von einem Menschen nicht leistbar. Ich mache mir da meine Gedanken, ob das so richtig ist.“
Dieses Problem wird größer werden. Die geburtenstarken Jahrgänge werden allmählich älter.
Ingrid Hofmann: „Ja, das ist eine gesellschaftliche Herausforderung und wir erleben das immer mehr in unserem Unternehmen.“
Was ich jetzt in diesem Gespräch gehört habe: Sie suchen immer nach individuellen Lösungen, d.h. es muss für den Standort, die Mitarbeiter, die Führungskraft, das Team und natürlich für das Unternehmen passen.
Ingrid Hofmann: „Ja natürlich. Wir müssen auch auf die Frauen aufpassen, die keine Kinder haben. Es kann nicht sein, dass man alles auf sie abwälzt, weil sie am Nachmittag noch da sind. Es kann auch nicht sein, dass wir ab 12 Uhr Mittag nur noch eine Notbesetzung haben. Das muss einfach anders geregelt werden. Das wichtigste ist die Kommunikation, der offene Austausch und die offene Auseinandersetzung, dann findet man immer eine Lösung.
Aus diesen Gründen haben wir Vereinbarkeitsbeauftragte in den einzelnen Regionen, um gemeinsam mit der Führungskraft und dem Mitarbeiter eine jeweils passende Lösung zu finden.
Eine Mitarbeiterin kam mit ihren Zwillingen hier ins Büro. Die waren immer ganz glücklich, weil sie Gummibärchen bekommen haben und Videos anschauen durften. Das war zu Hause nicht erlaubt. In Dingolfing hat die Sachbearbeiterin ihre Zwillinge immer mitgebracht, wenn sie Abrechnungen machen musste. Da haben alle zusammengeholfen. Aber das muss zum Team passen. Wenn einer sagt, ‚geht nicht‘, muss man andere Lösungen überlegen. In Leipzig ist sogar eine Kinderecke, also dort sind immer Kinder von Mitarbeitern im Büro. Also das macht jede Niederlassung anders.“
Es gibt ohnehin den Trend, die Arbeitswelt individueller zu gestalten.
Ingrid Hofmann: „Ich kenne das gar nicht anders. Früher hatte ich die schwierige Situation, dass Mitarbeiterinnen zu mir gekommen sind und sagten, ‚Frau Hofmann, Sie müssen mir freigeben, weil mein Mann Betriebsurlaub machen muss.‘ Ich war so verärgert. Weil der Mann Urlaub nehmen musste, war ich gezwungen, es der Frau auch zu genehmigen. So war das früher.“
Sehen Sie da inzwischen eine Veränderung?
Ingrid Hofmann: „Ich bin ganz zufrieden damit. Heute müssen auch die Unternehmen, die hauptsächlich Männer einstellen, flexibel reagieren. Unternehmen, die mehr Frauen haben, haben sogar den Vorteil, dass sie eine Schwangerschaft erkennen und gemeinsam planen können. Aber in den Betrieben, in denen sich Männer überraschend für einen Elternurlaub anmelden, da weiß der Betrieb oft nichts von der Schwangerschaft der Frau. Diese Betriebe werden oft kurzfristig mit dem Thema konfrontiert. Es gibt immer mehr Männer, die zwei oder mehr Monate zu Hause bleiben.“
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„Ich war auf einer Südamerikareise und diesen Platz hier wollte ich gar nicht besuchen. Ich dachte, das sei nur touristisch. Wir sind auf dem Nachbarberg zu Fuß hoch gewandert. Da sieht man erstmal gar nichts. Ich habe einige Male gedacht, ich gehe nicht mehr weiter. Doch unser Führer sagte immer: ‚Ach, nur noch dieses kleine Stück!‘ Und dann eröffnet sich dieser Blick. Das war unglaublich! Das ist ein ganz besonderer Kraftort. Da habe ich diese Energie gespürt, so etwas habe ich noch selten so stark gespürt wie an diesem Ort. Das hat meine ganze Prioritätenliste völlig verändert!
Gerade die Situation an einem Bahnhof zeigt das normale Leben. Lange Zeit war ich nur an Flughäfen unterwegs. Dann gab es eine Zeit, in der wir unsere Tochter am Bahnhof abgeholt haben. Während wir auf sie gewartet haben, habe ich bewusst die Menschen beobachtet. Jeder Mensch ist am Bahnhof, arme und reiche, gesunde und kranke Menschen, Menschen mit Handicap. Du begegnest am Bahnhof Menschen, die du sonst nicht siehst und nimmst sie wahr. Das ist für mich so bodenständig. Das ist Bodenhaftung.
Und das ist Leidenschaft. Das ist Sport. Ich liebe Teamsport. Ich mag einfach die Atmosphäre, den Teamgeist. Ich bin nicht umsonst im Aufsichtsrat z.B. vom HC Erlangen, bei Greuther Fürth. Ich bin ja in all diesen Führungsgremien.
Das ist jetzt eher persönlich und hat gar nicht so viel mit unserer Unternehmenskultur zu tun.“
Ich bin davon überzeugt, dass diese persönlichen Geschichten sich auch in Ihrer Unternehmenskultur zeigen! Liebe Frau Hofmann, ich danke Ihnen für dieses spannende Gespräch.
Ingrid Hofmann ist geschäftsführende Alleingesellschafterin der I. K. Hofmann GmbH.
Im Alter von 31 Jahren gründet sie 1985 in Nürnberg die I. K. Hofmann GmbH – auch Hofmann Personal genannt.
Das Unternehmen besteht vier Jahre, als Ingrid Hofmanns Tochter Sonja geboren wird. Durch ihre eigenen Erfahrungen unterstützt sie ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die Familie und Beruf vereinbaren möchten, mit kreativen Arbeitszeitmodellen.
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