Auf meiner Recherchetour rund um eine wertschätzende Unternehmenskultur bin ich Bernd Preuschoff begegnet. Bernd Preuschoff ist CDO, CIO und CSO bei Schwan-STABILO Cosmetics. Er ist damit verantwortlich für die Digitalisierung, IT und die Strategie des Unternehmens. Er schafft den Spagat zwischen neueste Technologien nutzen und gleichzeitig die Menschen im Unternehmen gewinnen und mitzunehmen. Das hat mich neugierig gemacht.

 

Lieber Herr Preuschoff, Sie bringen bei Schwan-STABILO Cosmetics die Digitalisierung voran. Mein erster Gedanke war: Stifte – Digitalisierung, wie passt das zusammen? Was ändert sich in dieser Branche?

Bernd Preuschoff: „Zum einen haben wir heute ein ganz anderes Verhalten der Konsumentinnen, als wir es noch vor 10 Jahren hatten. Die jungen Kundinnen haben heute ein unglaubliches Expertinnenwissen zum Thema Kosmetik. Gleichzeitig sehen wir einen ganz klassischen Effekt der Digitalisierung: den Vertrauensverlust in die großen Marken. Dadurch sind viele kleine Marken aufgetaucht, die für ein bestimmtes Thema stehen, z.B. vegane Kosmetik. Eine einzelne kleine Marke macht noch keinen großen Marktanteil, aber viele kleine Marken sind in Summe dann doch sehr groß.

Es ist ein großer Unterschied, ob Sie mit großen Konzernen verhandeln oder Geschäfte mit einer Mutter mit zwei Töchtern machen, die gerade in New York gegründet hat. Sie haben einen anderen Verkaufskanal und eine andere Supply-Chain. Gleichzeitig haben sich die Produktlebenszyklen dramatisch verkürzt.

Es gibt viele Veränderungen und die ganz disruptive Frage ist letztendlich: Was ist, wenn es Technologien geben wird, die den Stift überflüssig machen? Die Ideen sind da, auch wenn sie noch einen reinen Ideenstatus haben. Wir verkaufen heute nur den Stift, in Zukunft könnten wir auch sagen: Wir verkaufen den Look oder die Schönheit.

Die Notwendigkeit zur Veränderung wurde erkannt und so bin ich 2017 als CDO hier im Unternehmen eingestiegen.“

Das ist eine Entwicklung mit vielen Herausforderungen. Wie haben die Mitarbeiter auf Sie reagiert?

Bernd Preuschoff: „Es gab ja schon Legenden über mich, bevor ich überhaupt hier war. Als CDO sind sie ein Phantom, das irgendwie mächtig ist: Sie berichten an den Chef, sie bekommen Geld, sie bekommen Leute und man weiß nicht genau, was sie tun. Daraus entstehen viele Gerüchte, vielleicht auch so etwas wie Neid. Deshalb war es mir sehr wichtig, sichtbar und ansprechbar zu sein. Ich habe das Gespräch gesucht. Ich war nach drei Wochen beim Betriebsrat. Ich bin in die Nachtschicht in die Produktion gegangen.“

In unregelmäßigen Abständen führe ich Gespräche mit interessanten Menschen, die einen Beitrag rund um das Thema wertschätzende Unternehmenskultur leisten können. Wünschst du dir Informationen, sobald ein neues Interview oder spannender Beitrag zu diesem Themenbereich veröffentlicht wird?

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Was haben Sie unternommen, um Mitarbeiter für die Digitalisierung zu gewinnen?

Bernd Preuschoff: „Zum einen muss man den Begriff Digitalisierung entmystifizieren. Was hier passiert ist schon unzählige Male passiert. Wir hatten in der Vergangenheit immer wieder Veränderungen von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Daraus sind ganz tolle Erfindungen und unsere großen deutschen Mittelständler entstanden.

Auf der anderen Seite gibt es gerade viele neue Begriffe im Zusammenhang mit Digitalisierung. Für Viele ist das erst einmal wie ein Trommelfeuer an Eindrücken. Die meisten wissen nicht, was diese Begriffe bedeuten und was sie bewirken können. Das hole ich auf dem Boden herunter und erkläre es erstmal. Das sind alles Themen, die man lernen kann.

Der nächste wichtige Schritt ist es, den Menschen das große WHY zu geben. Die Mitarbeiter hier im Unternehmen sind stolz auf das Unternehmen. Wir sind ein 90 Jahre altes Unternehmen, das viele Innovationen im Bereich Beauty geschaffen hat. Wir sind sogar ein Unternehmen, das ganze Segmente neu kreiert hat. Machen wir doch einfach damit weiter und kreieren auch jetzt neue Segmente oder Tools oder Produkte.

Wir müssen den Mitarbeitern Orientierung geben, Vorbild sein und das Warum kommunizieren, statt zu einer ohnehin schon komplexen Welt noch eine weitere komplexe Welt hinzuzufügen.“

Wie schaffen Sie es, dass es für die Mitarbeiter nicht noch komplexer wird?

Bernd Preuschoff: „Wenn wir den Leuten nicht vermitteln können, dass Digitalisierung ihnen hilft und ihre aktuellen Probleme löst, warum sollten sie uns glauben, wenn wir mit etwas ganz Verrücktem um die Ecke kommen. Aus diesem Grund hat sich mein Team an den Fachbereichen ausgerichtet. Ich habe einen Kollegen, der betreut Vertrieb und Marketing, ein anderer betreut R&D, der nächste Produktion und Maschinenbau.

Wir stehen mit den Fachbereichen im engen Austausch. Wir müssen verstehen, worüber die Leute reden. Wenn sie klagen: Das funktioniert schon wieder nicht! – dann müssen wir besonders hellhörig werden.

Unser Ziel war und ist es, entlang unseres Unternehmens Leuchtturmprojekte zu finden. Für ein Leuchtturmprojekt gibt es drei Kriterien:

  1. Ein Use Case, den jeder versteht. Also ein konkretes Problem, das so offensichtlich ist, dass jeder froh ist, wenn dieses Problem endlich gelöst wird.
  2. Eine Technologie, die wir nicht kennen. Dadurch setzen wir uns mit den verschiedensten Technologien auseinander und prüfen dabei, inwieweit sie uns einen Nutzen bringen.
  3. Ein Partner, der diese Technologie beherrscht. Wir sind kein Großkonzern, der für jedes Technologiewissen eigene Manpower aufbauen kann, also arbeiten wir mit Partnern zusammen.

Wir haben also Probleme der Fachbereiche identifiziert und gelöst und damit gleichzeitig die Scheu vor der Digitalisierung reduziert.

Unsere Ideen und Lösungen gewinnen sogar Aufmerksamkeit außerhalb des Unternehmens. So haben wir letztes Jahr den zweiten Platz beim Digital Leader Award belegt und dieses Jahr den Digital Champions Award der Wirtschaftswoche gewonnen. Das sehen die Leute auch aus den Bereichen, die wir noch nicht erreicht haben. Sie verstehen dann vielleicht noch nicht, was wir hier tun. Sie sehen aber, dass das Unternehmen ein Vorbild ist und Anerkennung bekommt. Das macht alle stolz.“

Welche Kultur braucht die Digitalisierung? Bitte wählen Sie drei Bilder.

 Bernd Preuschoff: „Digitalisierung ist eine Teamleistung. Meine Rolle, mein Ego, meine Position sind am Ende des Tages unwichtig. Wir müssen als Team neue Spielfelder erschaffen. Das kann keiner alleine. Es braucht auch Spaß am Wettbewerb. Wenn ein anderer 100 Meter in 9,89 läuft, stellen wir die Frage: Wie schaffen wir es in 9,79?

Der Clown steht für mich für: neugierig sein. Digitalisierung ist etwas sehr Kreatives. Wenn ich gefragt werde, was ich mache, ist meine Antwort: Ich bin der Was-wäre-wenn-Mensch. Wenn jemand sagt: „Das ist unmöglich!“, dann hat er mein Interesse! Was wäre, wenn das doch möglich wäre? Was wäre notwendig, um das zu erreichen? Das Unmögliche nicht zu akzeptieren, ist etwas sehr Kreatives und macht gleichzeitig viel Spaß.

Dieses Bild steht sicher für viele für Schönheit. Wir Menschen wollen für uns Erinnerungen schaffen. Wenn etwas schön oder cool oder spannend ist, dann erinnern wir uns gerne. Den jungen Leuten sage ich gerne: „Ich habe keine Ahnung, wie lange du hier sein wirst. Mir ist nur wichtig, dass du am Ende sagst: Das war cool! Wir haben tolle Sachen miteinander gemacht.

Teamwork, Kreativität und das Ziel, Erinnerungen zu schaffen! Das ist eine tolle Umgebung und die richtige Kultur für die Digitalisierung.“

Das ist doch ein wunderbares Schlusswort, lieber Herr Preuschoff! Ich danke Ihnen für dieses Gespräch!

Bernd Preuschoff hat bei Schwan-STABILO Cosmetics GmbH & Co. KG als CDO, also als Chief Digital Officer, mit dem Ziel begonnen, die Digitalisierung aufzubauen und voranzutreiben. 10 Monate später war er auch CIO, hatte also die Verantwortung für die gesamte IT. Inzwischen ist er als CSO für die globale Unternehmensstrategie des Unternehmens verantwortlich. Er hat es geschafft, dass das Unternehmen neue Technologien in für aktuelle Probleme und Herausforderungen des Unternehmens nutzt, z.B. die Wartung von Maschinen mit Hilfe von Augmented Reality.

Welche Erfahrungen machst Du, liebe Leserin, lieber Leser mit der Digitalisierung? Hast Du auch gute Beispiele?