Auf meiner Recherchetour rund um eine wertschätzende Unternehmenskultur bin ich Anna Kopp begegnet. Anna Kopp ist Head of IT bei Microsoft Deutschland. In diesem Gespräch haben wir uns mit der Frage beschäftigt: Wie geht Führen bei Vertrauensarbeitsort und -zeit?

Liebe Anna, bei Vertrauensarbeitszeit und -ort können die Mitarbeiter arbeiten wann und wo sie wollen. Wie führst du so ein Team? Was machst du?

Anna Kopp: „Diese Frage wird mir so oft gestellt. Und das ist ganz spannend. Es gibt so viele Konstellationen. Wir haben Teams, in denen alle hier vor Ort sind. Dann gibt es Teams, in denen sind ein paar Leute hier und die anderen an ganz anderen Orten. Es ist ein Unterschied, ob ich gleich in der Nähe wohne oder einen großen räumlichen Abstand habe. Dann gibt es auch Konstellationen, wo das Team vor Ort ist, die Führungskraft aber nicht. Der Manager kann ja auch remote sein.“

Also es gibt alle Variationen – von alle weit verstreut, vielleicht auch weltweit – über ein Teil ist an einem Ort und andere von außerhalb bis hin zu alle sitzen zusammen in einem Büro.

Anna Kopp: „Ja, und eine ganz wichtige Voraussetzung für gute Zusammenarbeit ist, dass man sich hin und wieder trifft. Nur remote ist sehr schwer – zumindest wenn es eine Aufgabenstellung gibt, in der man eng zusammenarbeiten muss. In einem weltweiten Team eine in Europa, eine in USA, eine in Asien – da trifft man sich vielleicht nie. Aber meistens haben solche Arten von Teams nicht die Notwendigkeit super eng miteinander zu arbeiten.“

Wie ist das bei deiner Abteilung? Wie eng arbeitet ihr zusammen?

Anna Kopp: „In meinem Team arbeiten wir sehr eng zusammen. Ich komme zwei bis drei Tage in der Woche ins Büro. Dann habe ich einige Teammitglieder, die sind aus unterschiedlichen Gründen jeden Tag hier. Ein Kollege kommt meistens mittags. Er arbeitet auch gerne nachts. Eine Frau kommt einmal in der Woche. Andere kommen nur ein paar Mal im Jahr, weil sie dafür erst anreisen müssen.

Es ist nicht leicht alle unter einen Hut zu bringen, d.h. in einem Termin zusammenzubringen. Und dennoch ist es wichtig, sich hin und wieder persönlich zu treffen.“

Was ist bei dir hin und wieder?

Anna Kopp: „Es gibt keinen Rhythmus, der für jedes Team passt. Manche treffen sich einmal pro Woche, manche alle zwei Wochen oder einmal im Monat. Ich merke, wenn es zu wenig oder zu viel ist. Das kann auch in manchen Phasen häufiger notwendig sein, als in anderen.

Also zum einen muss ich beobachten, ob die Häufigkeit der Treffen stimmt. Zum anderen muss ich in den Meetings immer an alle denken. Wir haben natürlich auch Treffen, bei denen viele an einem Tisch sitzen und einzelne sich remote dazu schalten. Es ist so wichtig, sich bewusst zu machen, dass da noch einer ist, der auch einbezogen werden muss.

Wenn du dich einmal remote in eine Teamsitzung eingewählt hast und die anderen sitzen alle an einem Tisch zusammen und diskutieren heiß über ein Thema und vergessen dich am Telefon. Wenn du das einmal erlebt hast, dann weißt du, wie es demjenigen geht, der nicht dabei ist. Deshalb musst es einen Moderator geben, der immer wieder ganz bewusst die Leute am Telefon mit einbezieht und das ist in der Regel die Führungskraft.“

Arbeitet ihr nicht mit Video?

Anna Kopp: „Viele Leute versuchen Video zu vermeiden. Video verwenden wir eher in Einzelgesprächen. Wenn ich z. B. meinen monatlichen Call mit meinem Manager in USA habe, den sehe ich selten, insofern verwenden wir dafür Video.

Dafür gibt es einen super leichten Trick: Rutsch mal 50 cm weg vom PC. Dann sieht der andere auch deine Hände. Du wirst anders agieren. Du wirst mehr Körpersprache einbringen. Und du kannst nicht schnell mal etwas tippen oder auf eine hereinkommende Mail antworten. Das sieht man auf dem Video. Das ist wie bei einem persönlichen Gespräch. Es ist unhöflich, nebenbei mit dem Mobile zu spielen.“

In unregelmäßigen Abständen führe ich Gespräche mit interessanten Menschen, die einen Beitrag rund um das Thema wertschätzende Unternehmenskultur leisten können. Hast du Interesse, darüber informiert zu werden, sobald ein neues Interview oder spannender Beitrag zu diesem Themenbereich veröffentlicht wird?

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Was machst du noch, um ein Teamgefühl zu erzeugen?

Anna Kopp: „Es gibt so viele Techniken, man muss sie nur anwenden. Bilde eine Gruppe auf WhatsApp oder Yammer. Fang an, blöde Fotos aus dem Urlaub zu schicken. Du kannst sagen: ‚Poste doch mal ein Foto mit dem Blick aus deinem Hotelzimmer.‘ Ich mache immer ein Foto mit meinen Füßen auf dem Liebestuhl, auf dem Bootssteg. Ich lege die Füße hoch und fotografiere den Ort, an dem ich gerade bin. Die Füße hochlegen ist ja auch etwas Symbolisches.

Such dir irgend etwas, das du immer wieder machst. Das kann super blöd sein, aber es ist so wichtig. Das zeigt dich als Menschen. Und wenn du es machst, dann zeigen sich alle anderen auch als Menschen. Es gibt so viele Manager, die machen das nicht. Sie finden das affig. Doch egal wie „senior“ man ist, wenn man so ein verstreutes Team führt, dann ist das wichtig.

Eine weitere Möglichkeit ist es, immer wieder Interessante Artikel zu posten oder per E-Mail zu schicken. Comics, Studien, interessante Informationen, … Gib großzügig Informationen weiter.“

Also nicht nur Business-relevante Informationen?

Anna Kopp: „Business-Talk haben wir mehr als genug. Da haben wir kein Problem. Aber in so distribuierten Teams, die ganz verstreut sitzen, in solchen Teams ein Teamfeeling aufzubauen, dabei haben viele ein Problem. Und dabei helfen diese Kleinigkeiten, wenn man sie konsequent nutzt.“

Auf die reine Business-Seite, auf das tägliche Zusammenarbeiten, da hat der Vertrauensarbeitsort doch auch eine Auswirkung. Hast du dafür auch Tipps, was hilfreich ist?

Anna Kopp: „Transparenz ist sehr wichtig. Nicht nur Transparenz über die Arbeitsinhalte sondern auch über den Arbeitsstil.

Vertrauensarbeitszeit und -ort bedeutet, dass alle kommen und gehen die Leute, wie es für sie passt. Ich bin nicht gerne sehr früh da. Ich fahre gerne nach der Rush-Hour. Abends versuche ich spätestens 10 vor 4 Uhr die Tiefgarage zu verlassen. Das ist auch noch vor dem schlimmsten Verkehr. Dann gehe ich noch einkaufen und sitze meist von 5 bis 7 noch am Telefon mit USA. Ich gebe darüber hohe Transparenz. Das weiß jeder. Dadurch kommt keiner in die Versuchung, mir noch um 17 Uhr ein Meeting einzuplanen.

Ein anderer bringt früh die Kinder weg und ist dann schon um 8 Uhr im Büro. Er muss natürlich auch pünktlich weg, um die Kinder wieder abzuholen. Es ist wichtig, dass das transparent ist. Wir brauchen keine dummen Sprüche nach dem Motto: Hast du einen Halbtagsjob? Nein, den hat er nicht. Er kommt früh und muss sich nicht verteidigen.

Das ist wichtig. Finde deinen Stil, der zu deinem Leben passt und dann mache es allen klar.

Wenn jeder das offen kommuniziert, räumt man viele Konfliktfelder aus dem Weg und kann sich auf das Wesentliche konzentrieren.“

 

Liebe Anna, ich danke dir für diese Tipps.

Liebe Leserin, lieber Leser, wenn Sie das Thema Vertrauensarbeitsort interessiert, dann lesen Sie doch auch das erste Gespräch mit Anna Kopp. In diesem Gespräch ging es u.a. um den Kulturwandel hin zu Vertrauensarbeitszeit und -ort. Hier geht es zum Beitrag: Vertrauensarbeitszeit- und ort – Ein Interview mit Anna Kopp

Anna Kopp ist Head of IT bei Microsoft Deutschland und Expertin für die neue Arbeitswelt, IT-Infrastruktur und virtuelle Teams. Sie hält u.a. Vorträge über die neue Arbeitswelt, die Digitale Transformation mit dem Mensch im Fokus und modernes Performance Management in virtuellen Teams.

Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren enorm verändert. Transformation ist in aller Munde, aber was genau bedeutet das?

Es geht nicht um Technologie, es geht um die Kultur, die geändert werden muss, um Effizienz zu steigern, neue Talente zu finden und für sich zu gewinnen, aber auch um Freiraum für Kreativität zu finden. Wie soll das gehen, wenn wir immer so viel zu tun haben?

Anna Kopp spricht über eine Welt, in der Arbeit und Leben ineinander fließen, und was in der Firmenphilosophie und persönlichen Einstellung geändert werden muss, wenn jeder von überall und jederzeit arbeiten kann, und wie Technologie diese neue Arbeitswelt unterstützt.
Die Cloud ist nur ein Teil dieser neuen Arbeitswelt. Auch Bewertungssysteme und Kommunikationskanäle müssen sich ändern, wenn man sich in V-Teams organisiert, um die besten Leute an den richtigen Stellen einzusetzen – egal wann und von wo.